Island gehört landschaftlich zu den beeindruckensten Ländern, die ich je bereist habe. Das Hochland, in dem ich mich hauptsächlich aufgehalten habe, gehört zu den größten Wüsten Europas. Es bedeckt 75% der Insel. Es ist eine unwirtliche, lebensfeindliche, aber faszinierende Mondlandschaft, die ihr Aussehen ständig ändert. Man sieht unfassbare Gegensätze: Dampfende Thermalquellen in Vordergrund, Gletscher im Hintergrund.
Auf meiner Route lagen aber auch wunderbare grüne Täler mit unzähligen Wasserfällen, Geysire, Thermalquellen, Vulkane. Und die Silfra Spalte, in der sich Kontinentalplatte treffen.
Letztendlich habe ich in zwei Wochen nur einen kleinen Ausschnitt bereisen können und habe vieles nicht gesehen. Ein Grund wiederzukommen!
Bikepacking auf Island kann sehr unterschiedlich aussehen. Viele der touristischen Attraktionen liegen entlang des "Golden Circle" im Südwesten der Insel. Hier sind die Straßen weitestgehend asphaltiert und gut befahrfahrbar. Allerdings ist der Verkehr in der Hauptsaison sehr stark. Es gibt zum Teil schmale Seitenstreifen für Radfahrer, aber keine Radwege. Viele Autos überholen eng und schnell.
Noch stärker ist der Verkehr auf der (asphaltierten) Ringstraße, die ca. 1400 Kilometer rund um Island führt. Besonders zwischen Reikjavik und Vìk geht es teils zu wie auf einer Bundestrasse. Je weiter man sich von dem Gebiet entfernt, umso ruhiger wird es. Dennoch: Die Ringstrasse bleibt die Hauptverkehrsader Islands.
In den Highlands auf den sogenannte F- Strassen (Sand- und Geröllpisten mit teils tiefen Furten) nimmt der Verkehr sofort drastisch ab. Der größte Teil der Highlands ist nur mit Fahrzeugen zu erreichen, die an Expeditionsfahrzeuge erinnern: Große Bodenfreiheit, dicke Stollenreifen, watfähig mit hochgelegter Luftansaugung. Mietwagen ist die Durchfahrt von Furten meist untersagt.
Auf einigen einsamen Strecken in den Highlands ist mir den ganzen Tag kein einziges Fahrzeug begegnet.
Wetter
Zum Bikepacking ist eine der größten Herausforderungen im isländischen Hochland das extrem wechelhafte Wetter, das von jetzt auf nu` von Sommer mit 20 Grad, auf Kälte, Regen und stürmischem (Gegen-) Wind umschlagen kann.
Die Ausrüstung sollte auf alle Bedingungen eingestellt sein. Auf meiner Tour hatte ich von 2 Grad mit Schnee, Regen und stürmischen Wind, 18-stündigem Dauerregen, aber auch viel Sonne, angenehme Temperaturen, kaum Wind. Eine gute Wetterapp ist Vedur.is .
Spruch der Isländer: " Wenn dir das Wetter nicht paßt, dann warte einfach eine Sekunde" :-)
F- Strassen und Furten
Die Beschaffenheit und der Zustand der F-Pisten kann ebenfalls sehr bremsen. Unter Umständen sind lange Strecken mit sehr groben Geröll und Waschbrett zu fahren. Besser breite (> 50mm) Stollenreifen aufziehen! Das Material wird extrem belastet! Unbedingt vorher alles gut checken! Was klappert geht kaputt, was quitscht fällt aus.
Auf einigen Routen sind Furten durch eiskaltes Gletscherwasser zu queren. Je nach Schmelze können Strömungen und Tiefe variieren. Auf entlegenden Routen sollte man nicht mit Hilfe durch andere Fahrzeuge rechnen. Neoprenschuhe für Flussquerungen sind ideal.
Hütten und Campingpläzte
Im Hochland ist die Dichte an Hütten und Campingplätzen gering, so dass man auf wildcampen unter erschwerten Bedingungen (Wind, tiefer lockerer Sand, Fels, Regen) vorbereitet sein sollte.
Ausreichend Verpflegung mitnehmen! Die Hütten und Campingpätze im Hochland bieten zum Teil nur sehr rudimentären Service. Der nächste Supermarkt ist unter Umständen drei Tagesetappen entfernt. Wasser ist weniger ein Problem, wenn man jede Gelegenheit zum Nachtanken nutzt.
All´ das macht eine Planung der Etappenlängen schwierig: Ich habe wegen eines Kälteeinbruchs mit stürmischem Gegenwind eine Etappen abbrechen müssen und erst am nächsten Tag fortsetzen können. Einen weiteren Tag hat es 18 Stunden am Stück geschüttet. Das habe ich im Zelt abgewettert. Ein paar Tage als Puffer einzuplanen ist daher sehr empfehlenswert.
Viele wertvolle Informationen, vor allem eine hervorragende Karte speziell für Bikepacker findet man unter Cyclingisland.is.
Am internationalen Flughafen in Keflavik steht sogar ein eigenes Gebäude mit Werkzeug und Montageständer und Pumpen, um das Rad zu montieren bzw. demontieren.
Island heißt Bikepacker wirklich willkommen!
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Die Flüge sind gebucht, die Ausrüstung liegt vorgepackt bereit, die Route ist grob geplant und die wichtigsten Eckpunkte sind festgelegt. Die An- und Abreise sind kompliziert, da ich keinen Roundtrip plane, sondern eine Divide von Akureyri im Norden bis Reykjavik im Südwesten:
600 Kilometer, 5.200 Höhenmeter
Meine Route führte mich von Akureyri im Norden entlang der großen Wasserfälle Godafoss, Aldeyjarfoss und Hrafnabjargafoss durch die Mondlandschaft des Sprengisandur. In einer episch langen Etappe erreichte ich die Hütte Laugafell, die die Mitte Islands markiert. Von dort ging es wieder Richtung Norden über die F752. Mehrere Furten und ein Kälteeinbruch mit stürmischen Gegenwind machten mich extrem langsam, sodass ich diese Etappe teilte.
Vom tollen Campingplatz Bakkaflöt ging es weiter durch ein wunderschönes Tal, Maelifelsdalur, Richtung Kjölur, F35. Ein Höhepunkt dieser Strecke sind die Thermalquellen von Hveravellir (Campingplatz). Die beiden letzten Etappen fuhr ich auf den Golden Circle (Gulfoss, Geysir, Tingviller) zurück nach Reykjavik.
Die Tagesetappen waren mit ca. 60 bis 100 Kilometer und bis 1200 Höhenmeter angesetzt.
Da ich schwer abschätzen konnte, wie schnell ich wirklich vorwärts komme, wollte ich mir die Etappenlängen und Routenplanung wie immer offen halten. Bei der geplanten Strecke konnte ich ab Tag 7 oder 8 entscheiden, ob ich direkt in Richtung Reykjavik fahre oder noch einen Schlenker durch den Westen schaffe.
Letztendlich hatte ich durch die abgebrochene/geteilte Etappe und einen Tag abwettern wegen Dauerregens meinen Puffer verbraucht, so dass ich direkt nach Reykjavik fuhr. Hier hatte ich zwei Tage Zeit - einen um das Rad zu verpacken, einen zweiten Tag um mir die Stadt anzuschauen.
Die Route ist als Collection auf Komoot verfügbar: Collection auf Komoot
Hinflug
Ich reduziere mein Gepäck auf wenige Einzelteile. Immerhin muss ich alles über zwei Flughäfen allein schleppen. Den Radkarton setze ich auf ein Skateboard. Funktioniert hervorragend und erleichtert die Reise sehr!
Eine Ortliebtasche gebe ich auf, die zweite geht als Handgepäck (mit allen Powerbanks, die zwingend ins Handgepäck gehören, max. 100Wh) mit ins Flugzeug.
Das Skateboard schenke ich Akureyri einem Flughafenmitarbeiter, mit der Bitte den Karton zu entsorgen.
Rückflug
Einen neuen Fahrradkarton erhalte ich in Reykjavik in einem Gebiet mit viel Einzelhandel (Kria Cycle, Everest, Örninn, ...). Im Baumarkt kaufe ich 50 Meter (!) Duc Tape, Rohrisolierung, Kabelbinder und Möbelrollen.
Den laberigen Karton verstärke ich durch einen zweiten. Besonders der Boden sollte doppelt oder dreifach mit Karton ausgelegt werden. Auch dort, wo Rollen befestigt werden, muss der Karton mehrfach verstärkt sein. Großzügig Ductape hilft zusätzlich.
Mein Learning: Der Karton um die Griffmulden sollte zusätzlich Ductape erhalten. Die Griffmulden reissen leicht aus.
Die Anreise zum Startpunkt in Akureyri ist maximal kompliziert, besonders dadurch, dass mein Flug um Mitternacht am internationalen Flughafen in Keflavik landet und ich am nächsten Morgen vom nationalen Flughafen in Reykjavik nach Akureyri weiterfliege.
Letztendlich gibt es verschiedene Alternativen das Dilemma zu lösen. Ich habe mich für die teure, aber komfortabel und schnellste Variante entschieden:
Alternativen wären gewesen:
1) Transfer statt mit dem Taxi mit dem Flybus zum BSI (zentraler Busbahnhof) in Reykjavik. Der Flybus hat keinen festen Fahrplan, sondern kommt für jeden eingehenden Flug. Kosten 35€. Umsteigen am BSI in einen Flughafenshuttle zum Domestic Airport in Reykjavik.
Diese Variante war für mich nicht zuverlässig planbar. Die Lobby des BSI ist laut Ausssge der Betreibergesellschaft von 22.00 bis 3:00 Uhr geschlossen. Im schlimmsten Falle hätte ich draußen 5 Stunden in Regen und Kälte warten müssen. Eine Aussage, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt. Das war offenbar nur während der Covidzeiten so. Der Flughafen Reykjavik öffnet frühestens um 6.30 Uhr.
2) Die erste Nach für unfaßbar viel Geld (> 300€, wenn man Übernachtung, Frühstück, Transfers zusammenzählt😳) ein Hotel in Keflavik nehmen. Am nächsten Morgen mit dem Flybus zu einem Warmshower Host nach Reykjavik. Dort hätten auch meine Flugkoffer bis zum Rückflug bleiben können. Am übernächsten Morgen dann mit dem Straeto - Bus in 7 Stunden nach Akureyri. Das war am Ende teuer und kostete mehr Zeit als die oben genannte Variante mit einem zusätzlichen Inlandsflug.
3) Direkt mit dem Rad ab Keflavik auf dem Rad zu starten und auf der Ringstraße nach Akureyri zu fahren (knapp 400 km), hätte mich zuviel Zeit gekostet. Außderdem ist die Ringstraße stark befahren.
Meine Ausrüstung ist sehr erprobt. Im wesentlichen geht mit, was ich bereits in den Niederlanden, Norwegen und Schottland dabei hatte. Ein paar Ergänzungen gibt es allerdings:
Als Zelt habe ich das Slingfin Portal 2. Das ist besonders sturm- und regenfest. In dem Kompressionsack kommen beide Quilts, die ich ggf. ineinander stecke. So habe ich es bis an den Gefrierpunkt mollig warm.
Hier eine Sammlung meiner Erfahrungen zur Durchführung der Bikepacking Tour durch Island. Wer weitere Fragen hat, kann gerne Kontakt per Mail aufnehmen.